Unser Weg zum transparenten Lohnsystem

Wer mündige Mitarbeiter will, begegnet Ihnen auf Augenhöhe

Immer wieder wird medienwirksam darüber diskutiert, dass das transparente Lohnsystem zukunftsweisend ist. Mit dem gewählten Untertitel habe ich kürzlich einen Artikel des CEO von XING SE gelesen. Doch beim Durchlesen wurde mir schnell klar, wirklich transparent und offen habe ich die beschriebene Methode nicht empfunden.

Doch was haben wir bei der Gimelli Engineering AG anders gemacht? Was ist das Ergebnis von unserem transparenten Lohnsystem?

Auf diese Fragen möchte ich im folgenden Beitrag näher eingehen und es würde mich freuen, Sie, lieber Leser, neugierig zu machen, etwas Einmaliges auszuprobieren. Einmalig? Ja, denn einmal offengelegt gibt es kein Zurück mehr. Aber wozu auch, wenn das Ergebnis daraus ist, dass sich Mitarbeiter stark einbezogen fühlen und so die Akzeptanz steigt.

Wir reden nicht mehr darüber, ob und wie viel mehr jemand im kommenden Jahr verdient, und ob das gerechtfertigt ist. Sondern wir decken Mitarbeiterinteressen und Fähigkeiten mit dem betrieblichen Bedarf. Und wenn es diesen noch nicht gibt oder dieser sich nicht deckt? Dann schaffen wir ihn eben, sofern es der Markt verlangt. In welche Rolle jemand passt und was der Gestaltungspräsident oder der Organisationsmeister tun können, um in eine andere Rolle aufzusteigen, ist nun der Schwerpunkt eines Aufstiegsgespräches. Das Gehalt ist aus Mitarbeitersicht essentiell, jedoch selbstverständlicher und fixer Bestandteil einer Rolle, über das nicht mehr diskutiert werden muss.

Bild zum Vergrössern bitte anklicken: Rollenbilder

Als ich im Jahr 2014 bei der Gimelli Engineering AG angefangen habe, berichtete mir meine Vorgängerin, dass wir ein Lohnsystem einführen möchten. Dies allerdings ohne konkret zu wissen, was das Ziel daraus sein soll. Es blieb ein paar Jahre in einer To-Do Liste stehen und beim Mitarbeitergespräch im April 2017 habe ich mir zum Ziel gesetzt, ein Lohnsystem zumindest als Berechnungstool für die Geschäftsleitung einzuführen, damit Lohngespräche nicht nur nach reiner Willkür und Bauchgefühl geführt werden. Obwohl letzteres im unternehmerischen Alltag unabdingbar ist und ich das sogenannte „Bauchgefühl“ nicht als Führungsinstrument missen möchte. 

Aufbau und Planung

Wir haben uns zuerst innerhalb der Geschäftsleitung in zwei Workshops Gedanken gemacht, was wir mit dem Lohnsystem erreichen möchten und was auf gar keinen Fall passieren darf. Eines unserer wichtigsten Ziele war, keinen Mitarbeiter durch das Lohnsystem zu verlieren. Ein anderer war, dass niemand weniger verdienen sollte als bisher. Dass in der bestehenden Lohnstruktur keine stossenden Ungleichheiten bestanden haben (Löhne entsprachen regions- und branchenüblichen Massstäben und es gab keine Lohnungerechtigkeiten in Bezug auf Männer und Frauen), hat es uns einfach ermöglicht, Transparenz zu schaffen. Als gewünschtes Ergebnis haben wir uns erhofft, dass die „lästigen“ Lohnverhandlungen mit den Mitarbeitern und innerhalb der Geschäftsleitung zukünftig Geschichte sind. Wir hatten ein durchdachtes Grobkonzept in unserer Schublade. Dann stellten wir uns die Gretchenfrage: Wie erreichen wir die Akzeptanz der Mitarbeiter? In dieser Phase haben wir auch nach Unternehmen gesucht, die diesen Schritt bereits gegangen sind. 

Einen Experten an der Seite zu haben gab uns die nötige Sicherheit, weiterzumachen. Der nächste Schritt war, die Mitarbeiter ins Boot zu holen. So organisierten wir zwei Teamworkshops, an denen die gesamte Belegschaft teilnahm. Sogar zwei zukünftige Arbeitnehmer haben wir eingeladen. Schliesslich lag uns am Herzen, dass das System von allen getragen wird. Der erste Workshop diente vor allem dazu, dass die Belegschaft unsere Mission erfuhr, von den Erfahrungen des Experten hörte und dann in Kleingruppen bereits erste Konzepte erarbeitete. Transparenz war uns von Beginn an wichtig.

Danach bildete sich eine Projektgruppe, bei der Vertreter aus allen Bereichen und Lohnklassen dabei waren. Diese Projektgruppe erarbeitete in einer „sportlichen Zeitvorgabe“ ein Lohnsystem. Ich war als Repräsentant der Geschäftsleitung in dieser Projektgruppe. Es war die Zeit hitziger Diskussionen, das Zusammenprallen von Mitarbeiterinteressen, Geschäftsinteressen und einer eigenen Meinung. Wir standen oft mit hochroten Köpfen zusammen. Oftmals wurde es laut und emotional, bis sich die Gemüter wieder beruhigten und wir weiter tüftelten.

Ich habe viele meiner Kollegen in dieser Phase einmal ganz anders kennen gelernt und wurde auch mit meinen eigenen Ängsten konfrontiert, ob das System für mich persönlich tragbar ist und ich lohnmässig noch vorankommen kann. Schliesslich ist die Vorstellung, im Alter von 60 Jahren immer noch das gleiche zu verdienen wie Mitte 30 nicht gerade beflügelnd, sofern man in derselben Rolle bleibt. Es war für mich die Zeit, wo wir in der Tiefe merkten, dass unser Herzblut für diese Firma schlägt und wir alle darum bemüht sind, hier wertvolle Anstellungsbedingungen zu schaffen, die nachhaltig sind und mit denen sich jeder identifizieren kann. Nun taucht vielleicht der leise Kritiker in Ihnen auf, der sagt: „Jeder kann sich damit identifizieren, das klingt ja ganz schön, aber wirklich vorstellen kann ich mir das nicht.“ Ehrlich gesagt, ich mir am Anfang auch nicht!

Das fertige Konzept der Projektgruppe kam dann zurück in die Geschäftsleitung. Nun musste ich meine Rolle wechseln und das, was ich als Mitarbeiter in der Projektgruppe erarbeitete, aus unternehmerischer Sicht begutachten. Die Firmeninteressen haben wir in der Projektgruppe stark vernachlässigt und so begann jedes Geschäftsleitungsmitglied für sich, ein faires Konzept aus Firmensicht zu schaffen und dies mit dem bestehenden Material der Projektgruppe zu verbinden. Rückblickend würde ich diesen Teil anders machen. Wir haben in der Projektgruppe zu wenig gewusst, was die „inhaberischen Rahmenbedingungen“ sind und letztlich war es auch für Michel Perret, unserem Inhaber, kein einfacher Prozess, wieviel vom Unternehmensergebnis wieder ausgeschüttet wird.

Unser Lohnsystem im Überblick

Was kennzeichnet nun unser Lohnsystem? All unsere Mitarbeiter sind gewinn- und verlustbeteiligt. Die Verlustbeteiligung ist das Herzstück unseres Lohnsystems. In guten Zeiten … das ist schnell mal möglich und populär. … wie in schlechten Zeiten! Das macht für uns den Unterschied. Wirklich bezogen fühlen wir uns nur dann, wenn wir es auch spüren können. Und wir spüren es nicht nur im Portemonnaie, ob wir einen 13. Monatslohn erhalten, sondern auch emotional, in unseren Herzen.

So steigt von ganz allein und aus dem Mitarbeiter selbst heraus die Motivation, gute Arbeit zu machen, zu akquirieren und sparsam mit den Ressourcen umzugehen. Wir müssen es nicht lernen oder erziehen – und ich bin davon überzeugt – wir können es auch gar nicht. Werte und Einstellungen kommen immer aus dem einzelnen Mitarbeiter selbst heraus. Selbst wenn wir als Unternehmen noch so bemüht sind die Belegschaft in eine Richtung zu bewegen, wir werden scheitern. Veränderung kann nur aus dem Willen und der Motivation jedes einzelnen heraus geschehen. Und wenn es sehr gut läuft, sind unsere Mitarbeiter am Gewinn beteiligt. Weitere wichtige Aspekte für uns waren Fairness und Gleichberechtigung. Wir haben ein System geschaffen, bei dem jeder Mitarbeiter prozentual gleich viel ausgeschüttet bekommt – unabhängig davon, ob er Anfänger oder Geschäftsführer ist. Somit ist es kein individuelles Bonussystem, sondern eben ein transparentes und faires Lohnsystem. Und es ist ein Anreiz für neue Mitarbeiter, schon beim Einstellungsgespräch zu sagen: „Ja, bei der Gimelli Engineering AG kann man bis zu einem 14. Monatslohn verdienen.“

Einführung und Akzeptanz

Die gesamte Planungsarbeit innerhalb der Projektgruppe und die anschliessende Finalisierung der Geschäftsleitung haben wir in nur einem Monat zu Stande gebracht. Wenn ich auf diese Phase zurückblicke, die wohl stressigste Zeit hier bei Gimelli. Gleichzeitig waren wir masslos „unproduktiv“, was ich dann buchhalterisch zu spüren bekam, als ich die Liquiditätsplanung machte. Doch der Termin für den zweiten Workshoptag mit der Belegschaft stand schon fest und da wir wirklich ALLE dabei haben wollten, hielten wir an diesem Termin fest. Ich kann mich noch genau erinnern: meine Präsentation für die Mitarbeiter wurde fünf Minuten vor Abfahrt zum Seminarort fertig. Am Workshop selbst wurde es dann spannend und es ging ans Eingemachte. Wir befragten jeden Mitarbeiter einzeln, ob er damit einverstanden ist, dass sein aktueller Lohn in der Präsentation des Lohnsystems hier offengelegt wird. Alle sagten JA und freuten sich.

Dann folgte die Präsentation der Zahlen, der angedachten Strukturen, das so genannte Rollenmodell, Möglichkeiten über Aufstiegspotential usw. Weil wir keinen Mitarbeiter in Folge eines nicht ausgesprochenen Gruppenzwangs zu einer Entscheidung nötigen wollten, setzten wir eine Frist 6 Wochen nach dem Termin. Wir händigten die Unterlagen aus und die Mitarbeiter hatten Zeit, die Präsentation zu verdauen, Fragen an das Projektteam zu stellen und es mit der Familie zu besprechen. Nach dieser Frist sollte uns jeder Mitarbeiter sagen, ob er bereit ist, einen Arbeitsvertrag zu diesem Lohnsystem zu unterschreiben. Es war ein commitment ohne rechtliche Verbindlichkeit. Innerhalb der Geschäftsleitung hatten wir dann die Aufgabe, das neue Lohnsystem in die Budgetplanung zu integrieren, eine Richtlinie zu erstellen und erstmals festzulegen, wie dieser 14. Monatslohn erreicht werden könnte.

Die ganze Arbeit wurde anschliessend dem Verwaltungsrat präsentiert, der das Lohnsystem mit Freude absegnete. Nun stand den neuen Arbeitsverträgen nichts mehr im Wege. Was mich aus personeller Sicht besonders freut: durch die gute Kommunikation und die nötige Zeit für die Entscheidungsfindung war das Unterzeichnen der neuen Arbeitsverträge nur mehr ein formaler Akt und am selben Tag hatte ich die Unterschriften der Belegschaft zusammen. Zu diesem Zeitpunkt dachte ich erstmals: „Die ganze Arbeit hat sich wahrlich gelohnt!“ Und es hat sich bestätigt, dass sich jeder damit identifizieren konnte.

Gelebtes Lohnsystem

Im Jahr 2018 befinden wir uns in der Phase, Erfahrungen mit der praktischen Anwendung und Umsetzung zu machen. Wenn wir merken, dass etwas nicht aufgeht, werden wir justieren. Jetzt sind wir damit konfrontiert, die ersten neuen Mitarbeiter in unser Lohnsystem zu integrieren. Dazu haben wir auch das gesamte Bewerbungsverfahren umgestellt. Auch das ist ein spannender Prozess, über den ich gerne ein anderes Mal berichten werde. Die ersten Rückmeldungen der Kandidaten waren durchaus positiv und ich bin zuversichtlich, dass uns dieses System in Zukunft bereichern wird – im wahrsten Sinne des Wortes.

Wenn Sie jetzt neugierig geworden sind, trennt Sie nur mehr ein Anruf oder E-Mail von einer Kontaktaufnahme mit mir. Es ist mir eine Freude, Sie in der Entscheidungsfindung und Einführungsphase zu einem modernen Lohnsystem zu begleiten und kompetent zu unterstützen. Ich freue mich, mit Ihnen an einem zukunftsweisenden Projekt zu arbeiten.

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