Metallteile additiv hergestellt

Metallteile additiv hergestellt. Ist das die Zukunft, um möglichst schnell ein Serienteil zu erhalten?

Das Verfahren kurz erläutert

In diesem Beitrag wird auf das Verfahren SLM (Selektive Laser Melting), also das Aufschmelzen von Metallpulver mit Laser eingegangen. Das Verfahren gehört zu den Pulverbettverfahren. Wie beim SLS-Verfahren für Kunststoffe wird auch hier aus einem vorhandenen Pulvervorrat das fertige Teil erstellt und anschliessend aus dem Pulver gelöst.

Das Konstruktionsvorgehen 
  1. Herzustellendes Teil und deren Funktionen analysieren
    Dabei wird die ganze Baugruppe und die zugehörigen Funktionen berücksichtigt. Eine kostenoptimale Lösung entsteht in der Regel nur, wenn möglichst viele Funktionen in das additiv zu fertigende Teil integriert werden. Additiv gefertigte Teile können ohne nennenswerte Mehrkosten beliebig komplex werden (Complexity for free).
  1. Funktionsflächen freistellen
    Elemente wie Befestigungsbohrungen, Reibflächen oder genaue Sitze von der ursprünglichen Geometrie freistellen. Aus fertigungstechnischen Gründen haben „klassisch“ gefertigte Teile in der Regel zu viel Material zwischen den einzelnen Funktionsflächen.

  2. Funktionen integrieren
    Soweit möglich angrenzende Funktionen in das Teil einbauen. Zusätzliche Halterungen oder Einspannungen, welche für die Nacharbeit notwendig werden, sollten ebenfalls gleich in das zu druckende Teil integriert werden.

  3. Teil neu entwerfen und optimieren
    Das Werkstück wird dann unter Berücksichtigung der Gestaltungsprinzipien und Ausnutzung der Designfreiheiten und des Berechnungsraums neu gestaltet. Wenn das Teilegewicht eine wichtige Rolle spielt, wird die Topologieoptimierung angewandt. Dies ist eine FEM-Berechnungsmethode, welche dem Werkstück nach Eingabe der Randbedingungen (Kräfte, Einspannungen, usw.) iterativ seine optimale Geometrie berechnet.
    Die Topologieoptimierung kann mit CAD-internen Plug-Ins (meist in den Highend-Varianten der Simulations-Software enthalten) oder Tools wie «Hyperworks» ausgeführt werden. Die FEM-basierten Ansätze haben allerdings den Nachteil, dass die Daten nicht parametrisch rückgeführt werden können.
Bildquelle: Solid Solutions AG
  1. Offerte und Kostenanalyse
    Im Vergleich zu SLS-Kunststoffteilen muss mit längeren Durchlaufzeiten gerechnet werden. Die Schichtdicke beträgt 20-75µm im Vergleich zu ca. 100µm bei SLS. Die Bauhöhe des zu bearbeitenden Teils ist der massgeblich treibende Kosten- und Zeitfaktor. Die umfangreiche Nacharbeit (Trennen von der Grundplatte und Entfernung der Support-Strukturen) fällt vor allem bei der Durchlaufzeit ins Gewicht.
    Im Vergleich zu SLS sind die Materialkosten höher, fallen aber nicht massgeblich ins Gewicht. Auch bei verschiedenen Metallen (Stahl, Alu oder Titan) sind bei gleicher SLM-Teilegrösse keine grossen Unterschiede zwischen unterschiedlichen Materialien feststellbar.
  2. Herstellung – der Produktionsprozess
    Vom Pulvervorrat, der neben dem eigentlichen Bauraum liegt, werden einzelne Schichten mit einer Rakel in den Bauraum geschoben. Nach dem Auftragen wird jede Schicht mit einem Laser aufgeschmolzen bzw. mit den darunterliegenden Schichten verschmolzen (siehe Abb. 1). Durch Herabsetzen der Werkstückaufnahme wird so Schicht für Schicht einzeln aufgetragen. Überhängende Strukturen, grosse Bohrungen oder horizontale Strukturen benötigen Support-Geometrie. Diese dient in erster Linie als Wärmebrücke, so dass die Energie der Schmelze abgeleitet werden kann und sich die Teile weniger verformen (siehe Abb. 2).
    Dieser Prozess wird solange wiederholt, bis das Bauteil fertig ist. Anschliessend wird das restliche Metallpulver (welches 100% wiederverwertbar ist und in beliebigem Verhältnis mit neuem Pulver gemischt werden kann) entfernt und übrig bleibt das fertige Bauteil. Dieses muss im Anschluss von der Grundplatte und den Supportstrukturen befreit werden. Im Unterschied zu Kunststoffteilen ist dieser Vorgang wesentlich aufwändiger und muss bei der Terminbetrachtung berücksichtigt werden.
    Die Entfernung der Supportstrukturen erfolgt mittels Erodieren, Fräsen oder Sägen, ganz nach Anspruch der zu fertigenden Teile.

Abb. 1

Abb. 2

Bilder mit freundlicher Genehmigung IRPD AG, St. Gallen, Düsenkörper

Rot = Stützstruktur
Grün = Düsenkörper
Gelb = Grundplatte

Bildmaterial:
SLM-Ausführung von 7 Teilen. Der Job wurde hier nicht zu Ende geführt, daher enden die Supportstrukturen „in der Luft“. Die Teile wurden „schief“ in den Bauraum gelegt, um im Innenraum möglichst ohne Supportstrukturen auszukommen.

Vorteile
  • Sehr kurze Lieferzeiten
  • Komplexe Bauteile, auch mit hinterschnittigen Geometrien realisierbar
  • Teile können bzw. müssen weiterbearbeitet werden
  • Gewinde, geschliffene Oberflächen, Passungen usw. sind Nachfolgeprozesse, die oft bei Drittanbietern gefertigt werden
  • Reduktion von einzelnen Teilen in einer Baugruppe
  • Gewichtseinsparungen
  • Pulver kann zu 100% wiederverwendet werden
Nachteile
  • Es werden Supportgeometrien benötigt, welche abgetrennt werden müssen
  • Teile müssen nachbearbeitet werden (Gewinde, geschliffene Oberflächen, Passungen, etc.)
  • Stützkonstruktionen sind Abfall, werden mit normalem Altmetall entsorgt
Anwendungen
  • Einzelstücke (Sonderlösungen, medizinische Implantate)
  • Prototypen (Medizintechnik, Automobil, Maschinenbau, etc.)
  • Kleinserienproduktion 50-100 Stück/Jahr
  • Ersatzteilebedarf
Konstruktions-Tipps

Um gute und brauchbare Teile zu erhalten müssen gewisse Randbedingungen eingehalten werden.

  • Mindestwandstärke von 1mm sollte nicht unterschritten werden, da sie nicht mit allen Materialien gefertigt werden können und zusätzlich stark geometrieabhängig sind. Als grobe Faustregel dient Höhe zu Wandstärke 40:1
  • Mindestgrössen von erhöhten Details: 0.5mm hoch und 0.8mm breit
  • Mindestgrösse von vertieften Details: 0.5mm tief und 1.0 mm breit
  • Bohrungen grösser 8mm möglichst in Z-Richtung aufbauen
  • Überhänge ab 45° benötigen keine Support-Struktur
  • Rauheit der Flächen ist bei vertikalen Wänden am besten
  • Kanäle und Bohrungen benötigen oft keine Supportstruktur (Grössenabhängig), jedoch fallen alle Bohrungen etwas ein während des Fertigungsprozesses. Aus diesem Grund sollten Bohrungen grösser 8mm unten rund und oben in Tropfenform konstruiert werden.
  • Änderungen der Querschnitte im selben Bauteil können zu Verzug im Bauteil führen.
Mechanische Eigenschaften

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                                                                                                                                                                                                                                   Quelle: Materialliste IRPD AG

Fazit

Wie der Name „additive Fertigung“ schon sagt, haben sich viele Verfahren von Rapid Prototyping Anwendungen zu Fertigungsverfahren für kleinere und mittlere Serien gewandelt. Durch die umfangreiche Nachbearbeitung lohnt sich SLM meist nicht für Einzelstücke. Sobald aber komplexe Geometrien, hohe Teileintegration oder kurze Durchlaufzeiten gefordert sind, kann sich eine Fertigung ab 5-10 Stück schon sehr gut rechnen.

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