Rapid Prototyping
Ein grosses Wort. Ein Schlagwort mit steigender Bedeutung in der heutigen Industrie. Immer kürzere Produktzyklen und ständiger Innovationsdruck führen zu immer kürzeren Entwicklungszeiten, wodurch die Bedeutung von Rapid Prototyping weiter zunimmt.
Was aber ist Rapid Prototyping? Per Definition sind es Fertigungsverfahren, welche 3D-Daten ohne manuelle Umwege oder Formen direkt und schnell in Werkstücke umsetzen. Und was war nochmal ein Prototyp? Jeder kennt das Wort, aber nicht jeder ist sich bewusst, was dahinter alles stehen kann.
Es gibt verschiedene Arten von Prototypen, an denen unterschiedliche Produktmerkmale erprobt werden können. Der klassische Prototyp ist ein Einzelstück, welches dem Serienprodukt 1:1 entsprechen soll, ohne serielle Fertigungsverfahren zu verwenden. Oft geht der Prototyp als Nullserie direkt der Serienfertigung voran und dient für Tests und Freigaben.
Funktionsmuster wiederum werden für Versuche und Tests der funktionellen Merkmale verwendet. Das Aussehen ist hierbei meist zweitrangig. Designmodelle oder Mock-up‘s werden zur Beurteilung eines Designs auf Ästhetik, Ergonomie und Akzeptanz verwendet. Es kann sich um 3D-Druck, Papiermodelle oder auch, wie in der Autoindustrie, um ein Modell aus Knetmasse (Clay) handeln.
Zurück zum Rapid Prototyping.
Das bekannteste und meistverwendete Verfahren ist momentan der 3D-Druck.
Die Systeme werden ständig preiswerter und Do-it-yourself-Fans reiben sich bereits die Hände. Auch wenn gute Drucker noch sehr kostspielig sind, werden Sie inzwischen auch für Alltagsprodukte, wie beispielsweise Hörgeräte und Brillen oder auch in der Medizinal-Technik eingesetzt.
Alle 3D-Drucker arbeiten additiv. Dies bedeutet, dass aus einem oder mehreren flüssigen oder festen Werkstoffen schichtweise ein Werkstück aufgebaut wird. Je nach Verfahren ist dies mit oder ohne Stützstruktur möglich. Es können verschiedenste Metalle, Kunststoffe oder Keramik verarbeitet werden.
Hier eine kurze Übersicht über einige der aktuell populärsten Verfahren:
- Selektives Lasersintern (SLS)
Ein Laser schmilzt Schichten aus einem Pulver zum fertigen Werkstück mit guten mechanischen Eigenschaften und ohne Stützstrukturen zusammen. Dies ist besonders geeignet für Design- und Ergonomie-Modelle oder einfache Funktionsmuster. - Electron Beam Melting (EBM/EBAM)
Funktioniert ähnlich wie SLS. Statt Kunststoff wird allerdings metallisches Pulver unter Vakuum verschmolzen. - Fused Deposition Modeling (FDM)
Wohl das bekannteste und erschwinglichste Verfahren. Kunststoff wird in einer Düse aufgeschmolzen und schichtweise, Linie für Linie aufgetragen. Üblicherweise wird PLA oder ABS verwendet. Inzwischen sind auch flexible, transparente oder mit Holz versetzte Materialien verwendbar.
Bild:
Anschauungsobjekt einer „Archimedischen Schraube“, bei der die Schraubenelemente, Kanalelemente, Zahnräder und das Schaufelrad im 3D-Drucker mittels FDM-Verfahren erstellt wurden.
- Multi Jet Modeling (MJM)
Ähnlich wie beim FDM wird ein flüssiger, lichtempfindlicher Werkstoff schichtweise über eine Düse aufgetragen.
Das Aushärten erfolgt, anders als beim FDM, mittels Licht. - Stereolithografie (STL/ SLA)
Die Mutter aller 3D-Druck Verfahren aber immer noch aktuell. Das Bauteil wird mittels Laser aus einer lichtaushärtenden Flüssigkeit heraus aufgebaut. - Continuous Liquid Interface Production (CLIP)
Seit kurzem marktreif, ist diese Technologie 25-100 mal schneller als bisherige Verfahren. Die Teile können praktisch ohne sichtbare Schichten hergestellt werden. Auch die Bandbreite der verwendbaren Materialien ist sehr interessant. Es können jegliche Arten von Polymeren verwendet werden. Das Funktionsprinzip basiert auf der schichtweisen Aushärtung am Boden des Beckens mittels UV-Licht, wobei mit Sauerstoff das Aushärten dort verhindert wird, wo kein Material stehen soll.
Schönes Video zum o.g. CLIP-Verfahren:
Der Eiffel-Turm aus dem 3D-Drucker
Quelle: 3DPrint.com (Carbon3D´s Super Fast 3D Printer Printing an Eiffel Tower )
Auch andere Industriezweige ziehen nach. So bieten Hersteller von Spritzgussteilen inzwischen spezielle Spritzgusswerkzeuge zu weitaus geringeren Preisen an (Rapid Tooling). Oft wird hier Aluminium statt Stahl eingesetzt wodurch die möglichen Stückzahlen aus einem solchen Werkzeug begrenzt sind. Ein weiteres Verfahren ist das „Space Puzzle Molding“. Hierbei werden modular aufgebaute Elemente verwendet, welche mittels eines Formrahmens zu einem Werkzeug zusammengesetzt werden. Nach dem Guss muss es demontiert werden.
Für Prototypen oder erste Kleinserien sind dies äusserst interessante Lösungen, da mit Seriennahen oder identischen Werkstoffen gearbeitet werden kann.
Einige spezialisierte Firmen verwenden inzwischen auch Modelle aus dem 3D-Drucker, um Gussformen für Kunststoffteile herzustellen. Dies ermöglicht Teile in kleinen Stückzahlen aus seriennahen Werkstoffen.
Nicht vergessen werden dürfen die konventionellen Fertigungsverfahren wie CNC Fräsen und Drehen. Auch hier entwickelt sich die Technologie ständig weiter und somit auch die Möglichkeiten der Formgebung.
Die Welt ist aber vor allem begeistert von den Möglichkeiten des 3D-Drucks und man liest bereits von gedruckten Gebäuden, Pizzen, Batterien, Prothesen oder sogar Organen. Dass sich bald jeder, wie prophezeit, alles zuhause selbst drucken kann ist wohl noch etwas illusorisch. Fakt ist allerdings, dass der 3D-Druck bereits fester Bestandteil der heutigen Industrie ist und den klassischen Fertigungsverfahren in den entsprechenden Stückzahlenbereichen Konkurrenz macht. Es sind keine teuren Werkzeuge notwendig und dank der beinahe totalen Formenfreiheit ändert sich auch die Denkweise bei der Produktentwicklung.